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Frames - total von Gestern

Zeige einer Werbeagentur eine winzige Lücke in einer WWW-Spezifikation und sie wird versuchen, einen Lastwagen durch die Lücke zu fahren. - bobcat

In den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts des vergangenen Jahrtausends entstanden in vielen Agenturen Website-Layouts, die auf der irregeleiteten Philosophie basierten: „Der User muss bevormundet werden“.

Diese Herrschaften gingen von einem Weltbild aus, wo ganz oben der erleuchtete Designer thronte und den unwissenden Usern diktierte, wo es lang ging.

Es wird deshalb kein Zufall sein, dass die Propagandisten solcher "Heilslehren" sich bevorzugt in einer abgewandelten Form der Alltagsgarderobe von Pastoren oder Priestern kleiden, und schmale Brillen tragen, die dem Blick des Trägers etwas "streng analytisches" verleihen sollen.

Augen auf!
Museale Layouts aus der Antiquitätenecke der Baujahre um 1996 werden dem Kunden auch heute noch aufgeschwätzt und als "aktuelle Technologie" verkauft. Frames und fragwürdige Javascripts spielen bei diesen verstaubten Designs meist eine zentrale Rolle.

Das versteckte Frameset

Die ewig gestrigen Verfechter der Diktatur des Designs vertreten auch noch eine weitere Falschmeinung:

„Websites brauchen eine rein graphische Portalseite“ (Jargon: Splash Screen).

Um in ein Frameset eine Splash Screen hinein laden zu können, muss man ein seitenfüllendes Frameset mit nur einem Frame als Inhalt anlegen. Daraus resultiert, dass alle weiteren Inhalte dann als Framesets in das umschliessende 100% Set hineinverschachtelt werden müssen.

Jede Website auf Basis solcher Methoden wird zu einem Fort Knox der Unzugänglichkeit.

Duh? - Unzugänglich?

Bleiben Sie bei mir. Die schrittweise Erläuterung folgt.

<!DOCTYPE HTML PUBLIC "-//W3C//DTD HTML 4.01 Transitional//EN">
<html>
<head>
<title>Die Wirtschaftsförderung des Hinterwaldes</title>
<!--
Irgendwelche Kopfeinträge,
mit Werbung für die Agentur
Kein Wort über den Kunden
und nichts was die Indizierung
fördern könnte
-->
</head>
<frameset rows="100%">
<frame name="mainFrame" src="Multi_Megabyte_Splash.htm">
</frameset>
<noframes>Diese Website benutzt Frames, 
    Ihr Browser unterstützt keine Frames</noframes>
</html>

Falls der User viel Geduld mitgebracht hat und wirklich abwartet, bis das mehrere Megabyte große Machwerk in Multi_Megabyte_Splash.htm sich vom Server gequält hat, findet er am unteren Ende dieser Verfehlung dann einen Link dorthin, wo es hoffentlich wirklich was zu lesen gibt <a href="index2.htm" target="mainFrame">Index</a>.

Dem sicherheitsbewussten Surfer, in dessen Browser Frames deaktiviert sind, wird zwar der Download von Multi_Megabyte_Splash.htm erspart, dafür steht er aber vor einer leeren Seite, denn die unglaublich informative Mitteilung zwischen <noframes> und </noframes> steht außerhalb des darstellbaren Dokumentbereiches.

Mehr außer dem Namen werden allerdings auch Google® und Co. nie über den Betreiber der Website erfahren, denn in typischer Werbemacher-Manier wurden die Kopfeinträge vor dem Frameset ja für die Eigenwerbung der Agentur mißbraucht.

Weiter ins Innenleben einer Verfehlung

Schauen wir nun einmal in die Datei index2.htm.

<html>
<head>
<title>Ohne_Titel</title>
<!--
Irgendwelche Kopfeinträge,
mit Werbung für die Agentur
Kein Wort über den Kunden
und nichts was die Indizierung
fördern könnte.
Ist auch egal, denn die Suchmaschinen
sind hier schon lange nicht mehr mit
von der Partie
-->
<script language="JavaScript"
    src="navi_script_von_1996.js"></script>
</head>
<frameset cols="128px,*">
<frame name="links" src="spaghetti-navileiste-aus-frontpage.htm">
<frame name="rechts" src="begruessung.htm">
</frameset>
<noscript>Sie haben Javascript deaktiviert.</noscript>
</html>

Nur weil die Agentur unbedingt ihr neuestes Graphik-Spielzeug ausprobieren und an den Kunden verhökern wollte, befindet sich der User also jetzt in einem Frameset innerhalb eines anderen Framesets. Daneben wurde dem Browser mit dem ersten Frameset ein irreführender Public Identifier übergeben, und das zweite Frameset enthält gleich gar keine Angaben zum Dokument-Typ.

Die User ohne Frames hat man ja schon auf der SplashScreen verprellt. Jetzt lässt man noch die User ohne Javascript kommentarlos abblitzen, denn die lapidare Bemerkung im <noscript>-Bereich steht wiederum außerhalb des darstellbaren Dokument-Bereiches.

Vielleicht glauben Sie ja, das Beispiel sei frei erfunden. Da muss ich Sie leider enttäuschen. Es stammt aus der Internet-Präsenz der Wirtschaftsförderung eines deutschen Landkreises, die von einer wahrscheinlich nicht ganz billigen Agentur erstellt wurde. Die Seite erhält vom W3C Validator die Note "ungenügend" mit einer Fehlerliste von der Länge eines Fußballfeldes und ist, dank eines fehlerhaften Javascripts, selbst mit einigen modernen Browsern nicht benutzbar.

Clever - aber nicht wirklich eine gute Idee

Die oben beschriebene Verschachtelung von Framesets ist zwar leider technisch machbar, aber trotz ihrer scheinbaren Cleverness keine wirklich gute Idee. Die Navigation auf Gedeih und Verderb von Javascript abhängig zu machen, befördert das ganze dann entgültig ins Reich der Verstiegenheit.

Beginnen wir mit den einfachen Gegenargumenten

Wie an anderer Stelle bereits erwähnt, sind Frames eine reale Zugangsbarriere für jede Software außer den immer noch sehr genügsamen Browsern. Mit Frames weisen Sie folgenden Anwendungen die Tür:

  1. Spider, Bots, Crawler
    Das gesamte Arsenal automatischer Software der Suchmaschinen und Indizes macht einfach einen Bogen um Ihre Site. Sie wollen in der Anonymität abtauchen? Verwenden Sie Frames!
  2. ScreenReader
    und andere Lesesoftware die behinderten Internet-Usern beim Surfen hilft. Mit Frames bewegen Sie sich also schnell in einer rechtlichen Grauzone. Man kann Ihnen die Verwendung dieser Technologie als aktive Diskriminierung auslegen. Im Falle unseres Negativ-Beispieles weiter oben ist es sogar ein offener Rechtsbruch, da der Betreiber eine öffentliche Körperschaft ist - und die muss Zugänglichkeit sichern.

Lesezeichen per Agentur-Dekret verboten!

Dank der verschachtelten Frames kann sich auch niemand ein Lesezeichen auf individuelle Dateien innerhalb des Angebotes anlegen. Egal wo man den Befehl "Lesezeichen anlegen" benutzt, der Browser wird immer einen Verweis auf die Eingangsseite und Multi_Megabyte_Splash.htm erzeugen. Finden Sie, eine solche Bevormundung ist eine Einladung zu wiederholten Besuchen auf dieser Website?

Noch nicht genug gegruselt? Hier gehts weiter Frames - die Zweite - Technologie von gestern für Exploits von heute

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